Für meine Magisterarbeit werde ich auch definieren müssen, was Fantasy ist und versuche dazu im Moment ein paar Sekundärliteraturmeinungen zusammenzutragen. Immerhin ist die englische Literaturwissenschaft sich ja nicht zu gut, auch über solche Themen zu schreiben.
Hier eine: Fantasy verweist immer auf „the world of the unseen“, was wahrscheinlich so zu übersetzen ist, dass es Dinge gibt, die man nicht wissenschaftlich erklären kann. Aufgrund dieser Feststellung erklärt das Buch, in dem diese Meinung vertreten wird, dass die „His Dark Materials“ Trilogie von Philip Pullmann eigentlich mehr SF ist, weil Staub und Daemonen irgendwie halbwissenschaftlich erklärt werden.
Nachdem ich das René erzählt habe, meinte er nur: „Dann ist die erste Star Wars Trilogie also Fantasy?“
Für alle, die sich darüber immer noch streiten: So siehts aus. Zumindest nach dieser Definition.
Nun bin ich umso froher über das letzte Gespräch mit dem meine Arbeit betreuenden Professor. Da habe ich nämlich vorgeschlagen, meine Definition einfach darauf hinauslaufen zu lassen, dass für diese Arbeit alles Fantasy ist, was als Fantasy verkauft wird. Immerhin will ich ja buchwissenschaftlich über Verkaufszahlen usw. schreiben und mich nicht in literaturwissenschaftlichem Blah verlieren.
Seine Antwort: „Das ist schön praktisch, das können Sie machen.“
Ich dachte Star Wars wäre schon alleine wegen dem „Vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis“ Fantasy?
Manche Star Wars Fans würden einen aber köpfen, wenn man das sagt.
Selbst geköpft müsste man allerdings zugeben, dass Star Wars alle Elemente eines klassischen Märchens enthält.
Da SF und Fantasy solche Schnittmengen haben, ist es ohnehin schwierig, da eine genaue Abgrenzung vorzunehmen. Bei „Fantasy ist, was als Fantasy verkauft wird“ fallen natürlich einige Sachen raus, die einfach aus marketingtechnischen Gründen nicht als Fantasy verkauft werden. Matt Ruff z.B., einer meiner Fantasy-Lieblingsautoren. Oder selbst Rosendorfer. (Von Goethe und seinen hübschen Stücken voller Hexen, Teufel, Zeitreisen und der schönen Helena mal ganz abgesehen :-))
In grauer Vorzeit, als ich studiert habe, hat mein über alles geschätzter Prof (Wolfgang Weiß) die Phantastik neben der Satire angesiedelt. Das passt aber besser auf SF: man überzieht (in dem Fall zeitlich) einen Rahmen, um die Aussage vom Gewohnten abzuheben und somit deutlicher zu machen. Mein Dissertationsthema wäre dann auch gewesen „Satire und Phantastik bei Flann O’Brien“ (damals kannte den noch keiner – auch so ein Fall: Mainstream? oder Phantastik?). Naja. Das Leben hat mich dann eingeholt und ich blieb unbedoktort.
Eigentlich ist Star Wars allein wegen George Lucas‘ schamloser Adaption von Joseph Campbells Heldenreise Fantasy.
Aber ja, es sind großartige Filme (die alte Trilogie).
Und ja, der Nerd Rage lauert überall, also schweige ich besser 🙂
Ja, Star Wars ist tatsächlich Fantasy. Ganz in der Tradition von etwa Flash Gordon, der auch nicht SF ist. Ich bin ein ziemlich großer Fan und vertrete diese Wahrheit schon lange. 🙂
Ich habe von LucasFilm-Seite auch noch nie gehört, dass sie es als etwas anderes als Space Fantasy bezeichnen.
Gegenbeispiel: Neal Stephensons Baroque Cycle seh ich ganz deutlich als SF, obwohl er fest im 17./18. Jahrhundert spielt.
In reallife hab ich mittlerweile schon eine ziemlich gute Rede drauf, wenn ich jemandem meine Philosophie bezüglich SF&F erkläre. Fahre auch gute Erfolge damit ein.
Die Kurzfassung wäre vielleicht, dass die Grenze zwischen SF und Fantasy – wenn man sie denn überhaupt ziehen will, das ist auch diskutabel – nicht in den Requisiten oder Schauplätzen zu finden ist, sondern in ihrem Bezug zu unserer Welt.
SF kommentiert eigentlich immer – egal ob Wissenschaft, Gesellschaft oder Politik.
Fantasy macht das tendenziell eher nicht – ober besser gesagt: Sie hat mehr Freiraum und kann auch ganz im Mythischen ergehen.
Dabei will ich ganz fest unterstreichen, dass ich damit keine Wertungen verbinde. Beides ist bereichernd, intelligent, wahr, etc…
Ich glaube auch, dass es viel mehr Fantasy als SF gibt, in allen Medien und dass das immer schon so war und auch so bleiben wird, auch wenn sie sich oft in Genre-Konventionen kleidet, die man eher von SF erwartet.
Ich bin da, glaube ich, sehr von Philip K. Dick geprägt, was meine Definitonen angeht.