Digital Natives

Ich bin mir nun ziemlich sicher: So was wie Digital Natives gibt es nicht. Es gibt keine ganze Generation von Leuten, die schon mit 12 wahre Computerprofis sind. Vertreter dieser Generation sitzen nämlich im Moment in meinem Schreibprojekt. Und langsam geht es daran, die Geschichte abzutippen, falls man sie nicht gleich schon an seinem Laptop geschrieben hat. (Einigen haben einen mitgebracht, vor allem die älteren.) Und es ist recht interessant, was nun so bei mir eintrudelt. Besonders den Versuch, Anführungszeichen mithilfe von Kommas und Apostrophen zu machen, fand ich ziemlich kreativ.
Fest steht, dass da doch einige 12-Jährige noch nicht oft vor einem Computer gesessen sind. Nicht, dass das schlecht wäre. Das heißt immerhin, dass die ganzen Prophezeiungen zum gesellschaftlichen Niedergang aufgrund von was auch immer mit Bezug auf Computer schwer übertrieben sind.

Das gilt übrigens ebenso für die Behauptung, jüngere Generationen hätten eine geringe Aufmerksamkeitsspanne und könnten sich nicht richtig konzentrieren. Gestern saßen sie über 3 Stunden größtenteils ziemlich konzentriert da und haben geschrieben. Und als ich zwischendurch mal unterbrechen wollte, kamen entsetzte Ausrufe, man könne jetzt nicht aufhören zu schreiben, da die Geschichte fast fertig wäre.

5 Gedanken zu „Digital Natives

  1. Ich befürchte eher, wenn die jungen Menschen sich mal an einen Computer setzen, machen die da was anderes als schreiben. Beim Spielen brauchst du keine Anführungszeichen, weißt du? Das Problem ist, dass die Non-Native-Eltern ihren Kindern solche Dinge einfach nicht erklären („ach, die wissen doch sowieso viel besser Bescheid als wir heutzutage“), und so lernen die Kinder eben eher nur das, was sie selbst brauchen. Aber immerhin haben sie die Kreativität nicht verlernt und wissen sich zu helfen!

    Vielleicht bin ich ja auch nur Kulturpessimist. Und sowieso nur neidisch, weil ich schon zu alt bin, um noch Digital Native zu werden. Aber dafür kann ich 10-Finger-blind tippen, und sogar mit Anführungszeichen (s. o.). 😉

  2. Digital Natives bedeutet ja auch das aufwachsen mit dem Netz, das immer da ist. Die Selbstverständlichkeit von Informationen, die immer da sind, und uns begleiten ist es eher.

    Allerdings denke ich, daß unsere Generation weitaus mehr die Digital Natives sind, nämlich die, die wie die Indianer im Netz schon gewohnt haben, bevor der Rest vorbeikam.

    Ich denke du erlebst gerade, daß Kinder heute absolut unterschätzt werden. Wir halten sie für imperfekte kranke Wesen, die niemals in dieser Welt zurecht kommen werden, aber eigentlich sind wir es, die sie hemmen in dem wir genau solche Vorstellungen in sie hineinprojizieren.

    Adorno meinte ma: „Wenn man Menschen wie Molche und Lurche behandelt, werden sie sich wie Molche und Lurche verhalten.“

  3. Naja, der Aufenthalt im Netz bedingt nicht zwangsläufig korrekte Schreibarbeit; ich kenne das Erstaunen wenn in Internetgemeinschaften neu eintreffende junge Leute gar nicht verstehen was man von ihnen möchte wenn es um Großschreibung, Satzzeichen und Grammatik geht und nur „aber das hier ist doch das Internet, nicht die Schule…“ in generischer Formulierung erwidern.

    Das langes Tun automatisch einen Lernprozess beinhaltet ist eine Vorstellung die dem „gesunden Menschenverstand“ entspringt und wie die meisten dieser Vorstellungen falscher kaum sein kann.
    Zum Beispiel beachte man, wie lange unser derzeitiger Außenminister schon „Politik“ macht ohne Fähigkeiten oder Stil erlernt zu haben; er hat nur die Regeln verlernt an die er sich halten sollte.

    • Schön, aber häufiger Umgang mit dem Computer sollte ja doch bewirken, dass man weiß, welche Tasten welche Zeichen machen.

      • Aber die Zweibelegung der Waffentasten (1-0) braucht niemand! *g*
        Ab wann gilt man eigentlich als Digital Native? Mit 16 der erste C64… ist das schon zu spät?

        Wobei mir heute erst wieder bewusst geworden ist, wie paradox das Ganze sein kann – da schaut man nach Jahren mal wieder ins erste deutsche Multiuser-Spiel überhaupt rein (unitopia. Klassisches Mud mit reiner Textein- und ausgabe). Und stellt fest, dass gerade die Alt-User, die damals die Nerd-Elite im Netz waren, als viele noch gar nicht wussten, dass es das Netz gibt, heute die sind, die dir erklären, dass Facebook und dieser ganze Neumodische Kram des Teufels und überhaupt ganz böse ist. Und sie damit nichts zu tun haben wollen. Auch wenn die Leute wirklic hschnell und richtig tippen können – Ich denke, mir sind die neuen Digital Natives lieber als die Digital Neandertaler.

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