Gutachten

Wenn ich ein Gutachten zu einem Manuskript schreiben soll, bekomme ich das meistens nicht in Buchform (und wenn ich es in Buchform bekomme, muss ich es später zurückgeben). Die meisten Verlage schicken Ausdrucke, oder, wenn man darum bittet, PDFs.

Einige wenige dieser Manuskripte finde ich allerdings richtig gut, und sie als PDF auf dem iPad zu haben, reicht da einfach nicht. Also kaufe ich sie mir, sobald sie auf Englisch erscheinen, um sie ins Regal zu stellen.
So sieht meine Sammlung von Gutachten-Büchern momentan aus:

Kevin Hearne: Iron Druid Chronicles
Davon habe ich an anderer Stelle bereits geschwärmt. Begutachtet habe ich nur Band 1 und 2. Band 3 (also „Hammered“) habe ich mir später gekauft, weil ich wissen wollte, wie es weitergeht, und Band 4 steht auf meiner Liste der noch zu kaufenden Bücher.

Sophie Hannah: Kind of Cruel
Das ist ein Thriller. Kaum zu glauben, was? Ich konnte bisher nicht sonderlich viel mit Thrillern anfangen. Aber das lag offensichtlich nur daran, dass ich nicht wusste, dass es Thriller wie „Kind of Cruel“ gibt. Darin geht es nur am Rande um das eigentliche Verbrechen. Im Mittelpunkt steht die Protagonistin, die sich an ein paar Worte erinnern kann, die zur Aufklärung des Verbrechens beitragen könnten, aber sie weiß einfach nicht, wo sie sie gelesen hat. Dann geht es viel um die Zuverlässigkeit und Unzuverlässigkeit von Erinnerungen und nach und nach tun sich Zusammenhänge zwischen Dingen auf, bei denen man niemals Zusammenhänge erwartet hätte. Und das alles ergibt erstaunlicherweise Sinn.
Außerdem sind die Charaktere wunderbar zynisch.

Larry Correia: Hard Magic
Das ist Alternative History mit Magie. Es spielt mehr oder weniger zur Zeit des zweiten Weltkriegs, nur dass der nicht stattfindet, weil Deutschland immer noch genug Probleme mit der Zombie-Armee hat, die Kaiser Wilhelm im ersten Weltkrieg heraufbeschworen hat. Von der Atmosphäre her geht es ein bisschen in Richtung Steampunk mit Luftschiffen und Tesla-Kanonen und so. Dazu gibt es Leute mit sehr speziellen magischen Fähigkeit. Der Protagonist kann zum Beispiel die Schwerkraft beinflussen.
Außerdem beherrscht der Autor die Kunst, in einem einzigen Absatz ein unglaublich lebendiges Bild von einem Charakter zu erschaffen.

Jay Kristoff: Stormdancer
Steampunk in Japan. Ein Mädchen schließt eine wunderbare Freundschaft mit einem Greifen. Was will man mehr?
Das Buch ist das Neueste in der Sammlung. Es ist gerade erst erschienen (begutachtet habe ich es aber schon letzte Jahr im Februar, wenn ich mich richtig erinnere). Außerdem hat der Autor Humor. Wenn ihr mir nicht glaubt, schaut euch den Trailer an:

8 Gedanken zu „Gutachten

  1. Von Hearne haben mir die ersten zwei Bände recht zu gefallen, beim dritten war für mich aber schon die Luft raus.
    Alles in Allem hab ich die Geschichten unterhaltsam gefunden, wenn es auch definitiv SEHR Dresden-Files-mäßig ist. Sowohl von der Grundstruktur her als auch was die Atmosphäre angeht.
    Wenn man das Genre mag und weg will von Jim Butcher empfehle ich eher Ben Aaronovitch – imho um einiges besser als Hearne.

    Von Larry Correia habe ich ‚Monster Hunters International‘ gelesen. Ich habs zuende gelesen, hab mich dabei aber deutlich zu viel geärgert. Ein paar Detailideen waren recht witzig. Aber: Ein Über-Held, der sich hauptsächlich bescheuert benimmt und für mein Geschmack VIEL zu viel Anbetung von Gewalt im Allgemeinen und der Schusswaffe im Besonderen. Liest sich wie Fan-Fiction für die NRA.

    • Larry Correia ist auch ein großer Schusswaffenfan, wie ich gehört habe. In „Hard Magic“ gibt’s auch ein bisschen sehr viele Details zu Waffen (allerdings an Stellen, an denen es zu den Charakteren passt). Aber einen dämlichen Überhelden habe ich da nicht gefunden.

      Bei Hearne mag ich halt, was er mit den verschiedenen Mythologien macht. Die Dresden-Files habe ich außerdem nie gelesen. Ich schätze, das hilft.

  2. Jetzt musst Du mir nur noch verraten, wie man es schafft, die kuhlen Bücher zu bekommen, alles was ich Gutachten lese, ist meist Durchschnitt oder schlecht. 😉
    Hearne ist mir inzwischen so oft empfohlen worden, dass ich wahrscheinlich doch nicht auf die deutsche Übersetzung warten werde. Und Stormdancer reizt mich eh.

    • Du musst einfach möglichst viele Gutachten schreiben. Schon allein aus statistischen Gründen muss irgendwann ein gutes Manuskript dabei sein *g*
      Die meisten, die ich lese, sind auch schlecht.

  3. Interessante Einblicke.
    Sophie Hannah ‚Kind of Cruel‘ klingt vielversprechend. Den werde ich mal näher in Augenschein nehmen.
    Ich lese kaum noch Thriller oder Krimis. Aber letzte Woche habe ich einen wirklich genialen Thriller von Andrea Gunschera gelesen. Das dunkle Fenster. Den gibt es aber nur noch als E-Book, nicht mehr als Print.
    Ach, nebenbei, ich habe gerade Bernd Perplies ‚Flammen über Arcadion‘ beendet. Ganz unterhaltsam, aber im Vergleich mit einigen anderen Dystopien nett, leider nicht wirklich packend. Jedenfalls im Vergleich mit Dark Canopy von Jenny Benkau. Das hatte ich direkt davor gelesen, und das Buch hat mir schlaflose Nächte beschert.
    Lässt ein Verlag einen fremdsprachlichen Roman nur von einem Gutachter beurteilen oder sind da mehrere Personen involviert?

    • „Flammen über Arcadion“ will ich ja als Nächstes lesen, sobald ich dazu komme. Mal sehen, was ich davon halte.

      Oft ist es so, dass ein Lektor ein Gutachten zu einem Manuskript schreiben lässt, zu dem er eine zweite Meinung haben will. Also wenn er selbst noch schwankt und sich unsicher ist, ob das etwas taugen könnte, holt er ein Gutachten ein, um einen neuen Blickwinkel zu bekommen. Ich schätze, wenn das nicht reicht, kann man als Lektor auch noch ein zweite Gutachten schreiben lassen, aber das kostet natürlich jedes Mal Geld.
      Die meisten fremdsprachlichen Romane, die Verlage angeboten bekommen, sind ja englische Romane. Da ist es nicht so, dass das Gutachten gebraucht würde, weil der Lektor selbst die Sprache nicht kann. Ich hab’s einmal erlebt, dass ein Gutachten zu einem russischen Roman eingeholt wurde, aber da gab es auch nur einen Gutachter, und auf dessen Urteil hat sich der entsprechende Lektor dann wohl verlassen.

  4. Es kommt durchaus vor, dass ein Lektor es gar nicht schafft, ein Buch zu lesen. Weil er vielleicht am Sonntagnachmittag ausnahmsweise was vorhatte, nachdem er schon den ganzen Samstag durchlektoriert hat, da unterscheiden sich Freiberufler manchmal nur marginal von angestellen Lektoren … Dann verlässt man sich hauptsächlich auf das Gutachten – wenn man verlässliche Gutachter hat – und liest selbst nur das Exposé und einzelne Kapitel. Wenn Gutachten und eigener Eindruck weit auseinanderklaffen, wird in seltenen Fällen schon mal ein Gegengutachten in Auftrag gegeben (das kostet dann etwas weniger, weil man ja z. B. die Inhaltsangabe nicht mehr braucht). Und man haut natürlich so viele Kollegen wie möglich im Verlag an, auch mal reinzuschauen.

    Nur für den Fall, dass das noch jemand wissen wollte …

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