Schreiben im Ausnahmezustand

Ich schreibe eigentlich immer. Leben ohne schreiben funktioniert für mich nicht mehr. Das heißt, dass ich auch dann schreibe, wenn ich keinen Vertrag und keinen Auftrag habe. Und wenn eigentlich viel zu viel anderes Zeug zu tun ist. Mit der Zeit bin ich recht gut darin geworden, in komplett vollgestopften Tagen Zeit zum Schreiben zu finden.
Während eines Praktikums mit je anderthalb Stunden Hin- und Rückfahrt habe ich im Zug geschrieben. Auch heute schreibe und arbeite ich noch während Zugfahrten (und das teilweise sogar konzentrierter als zu Hause). Während ich meine Magisterarbeit geschrieben habe, ist gleichzeitig in einer anderen Textdatei ein Roman entstanden. Ich habe einfach ausgerechnet, wie viel Magisterarbeit ich in der Woche schaffen muss, um rechtzeitig fertig zu werden, habe ein wenig Scotty-Pufferzeit* eingefügt und haben den Rest der Woche auf den Roman verwendet. Bei einem anderen Praktikum bin ich jeden Tag früher aufgestanden, um morgens eine Stunde zu schreiben.
Mein erster Dorian Hunter-Roman ist über Weihnachten und Silvester zwischen Familienfeiern und eine Besuch bei René entstanden. Ein Viertel davon wurde in einer Ecke von Renés Badezimmer getippt, weil ich sonst nirgendwo Ruhe und/oder Platz hatte.
Und seit ich mit René zusammen wohne, lerne ich langsam, nicht die Krise zu kriegen, wenn er, während ich schreibe, zu mir ins Zimmer kommt und mir irgendwas erzählen will. Gerade sitze ich im Wohnzimmer, die Katzen glauben wahlweise, dass ich mit ihnen kuscheln oder mit ihnen spielen will, und René läuft ab und zu durch, um auf dem Balkon eine zu rauchen. Vorhin ist er hinter mir stehen geblieben. Ich habe mich nach ihm umgesehen und den Rest des Satzes, den ich im Kopf hatte, blind getippt, bevor ich ihn vergessen konnte.
Renés einziger Kommentar zu meinen hart erworbenen Künsten: „Angeber …“
Tz …

__________________________
*Das ist die Zeit, die man auf die errechnete realistische Arbeitszeit draufrechnet, um dann alle damit zu überraschen, dass man früher fertig ist als angekündigt (oder um zumindest rechtzeitig fertig zu werden, falls etwas schiefläuft). Wie Scotty, wenn er mal wieder den Warpantrieb reparieren muss. Scotty-Pufferzeit ist der wichtigste Helfer eines jeden Freiberuflers.

Ein Gedanke zu „Schreiben im Ausnahmezustand

  1. Es gibt nichts schlimmeres, als einen Chef, der die Scotty-Relativzeit kennt und begreift. Meiner stutzt mich immer auf echte Arbeitszeiten zurecht, furchtbar.;)

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s