Manchmal schreibt René kleine Stücke von Dingen, von denen ich mir wünschen würde, er würde sie fertig schreiben, damit ich sie Leuten geben kann, die sie vielleicht veröffentlichen. Diesmal hat er ein Stück von etwas geschrieben, von dem ich ihm gesagt habe, dass man das nie verkauft bekommt. Zumindest nicht an einen richtigen Verlag. Hier ist es trotzdem. Weil diese Stücke immer so hübsch sind :
Epilog
Es war ungefähr zwei Uhr Morgens, als Kommissar Sturka endlich zuhause ankam und das Licht im Flur einschaltete. Noch während er erschöpft seine Schuhe von den Füßen streifte – seine Mutter hätte sich beschwert, dass er an den teuren Teilen gefälligst die Schnürsenkel öffnen sollte, aber das war ihm gerade völlig egal. Gruman sah ihn missmutig vom Regal im Flur aus an, wo er für gewöhnlich immer schlief, wenn Sturka noch nicht zuhause war und begrüßte ihn mit einem „Brrrrrr“.
Gähnend ging Sturka in die Küche, öffnete eine Dose von dem stinkenden Katzenfutter, auf das Gruman so stand. Der Kater war mittlerweile dick genug, um den Eindruck zu erwecken, dass er sich den Tag über mehrfach Lasagne kommen ließ. Eine Serie von dumpfen Lauten deutete an, dass sich ihro Gnaden bereits auf den Weg machte, das Werk des niederen Dosenöffners zu beäugen und gegebenenfalls mit Nichtbeachtung zu strafen.
Während er seine Krawatte lockerte, ging Sturka ins Wohnzimmer, suchte in den Falten des Sofas ach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher an. „Nachrichten, dann Matratzenhorchdienst.“
Er wollte es sich gerade gemütlich machen, da klingelte sein Handy. Grummelnd kehrte er in den Flur zurück, wo er seinen Mantel schief an der Garderobe aufgehängt hatte und zog sein Handy heraus. „Wenn das nicht wichtig ist, ich kenne 10 Methoden dich verschwinden zu lassen, ohne dass mir irgendwer was nachweisen kann.“ Ein Blick auf das Display zuvor hatte ihm verraten, dass es Günzli war.
„Sorry, Chef. Dicke Kacke, ganz dicke Kacke“, quäkte die nasale Stimme seines Kollegen aus dem kleinen Apparat.
„Was gibt’s denn?“ Sturka konnte sich wirklich nichts vorstellen, das nicht noch sechs Stunden hätte warten können, bis er wieder auf der Wache erschien, um einen weiteren Tag im Staatsdienst zu verbringen. Er sah zum Fernseher, drehte den Ton etwas lauter. Irgendwas über Da Vinci, gab wirklich Schlimmeres, die acht Millionste Nazi-Demo zum Beispiel.
„Zwei Dinge“, druckste Günzli. „Erdlings Leiche ist weg. Einfach aus dem Leichenschauhaus verschwunden und Müller kann es sich auch nicht erklären. Sie war nur kurz am Kaffeeautomaten. Ich hab’s mir selbst angesehen … Chef … die Tür wurde mit Gewalt geöffnet, von innen!“ In Erwartung, dass Sturka dazu etwas sagen würde, schwieg Günzli, sprach dann allerdings weiter: „Und in die Asservatenkammer wurde eingebrochen. Nichts fehlt … außer den Silberlingen. Verdammt, können Sie sich darauf einen Reim, machen?“
Sturka hingegen hörte ihm nicht mehr zu, starrte mit offenem Mund auf den Bildschirm des Fernsehers. „… Da Vinci war berühmt dafür, in Schichten gemalt zu haben, aber was man nun im Dominikanerkloster Santa Maria delle Grazie unter dem Weltberühmten Abendmahl gefunden hat, schockiert sowohl die Kunstwelt, als auch den katholischen Klerus in Rom.“ Zuerst sah man das Bild, wie es in der ganzen Welt berühmt war, dann legten sich ein paar Farbfilter darüber, und das Bild veränderte sich dramatisch: Man sah immer noch Jesus und seine Jünger beim Abendmahl, aber vor ihnen auf dem Tisch lagen ausgeweidete Säuglinge. Jeder der Apostel hatte so wie Jesus einen blutverschmierten Mund und sah gierig auf das dargebotene Mahl, außer Judas, der sich entsetzt abgewendet hatte.
„Was zum Geier …?“
Uff. Aber zugegeben, man würde wissen wollen, was es damit auf sich hat.
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