Irgendwie stoße ich in letzter Zeit immer wieder auf Diskussionen über Policital Correctness. Irgendjemand sagt im Zuge dessen dann immer, wie sehr man es mit Political Correctness heutzutage doch übertreiben würde. Und da ich ein unverbesserlicher Besserwisser bin, möchte ich hier dazu meine Meinung kundtun.
Im Prinzip ist ja die Grundforderung von Political Correctness, dass man sich bemühen sollte, anderer Leute Gefühle nicht zu verletzen. Und zwar nicht nur in dem Sinne, dass man sich überlegt, was die eigenen Gefühle wohl verletzen würde, und das seinen Mitmenschen gegenüber vermeidet, sondern auch in dem Sinne, dass man sich mit der Tatsache auseinandersetzt, dass die Gefühle unterschiedlicher Leute durch unterschiedliche Dinge verletzt werden können und man Rücksicht darauf nimmt.
Und da geht dann schon das Geschrei los. Es gebe doch immer irgendein Schneeflöckchen, dass sich persönlich angegriffen fühlt. Man dürfe ja gar nichts mehr sagen. Usw. usw. … Und natürlich gibt es immer irgendwo Leute, die sich über Dinge aufregen, die man selber gar nicht aufregenswürdig findet. Aber deshalb ist Political Correctness ja auch kein Gesetz, das irgendwelche ernsthaften Konsequenzen hätte, wenn man es bricht. Es geht immer mehr um die Frage, von wem man gemocht werden will und von wem nicht.
Wenn es wirklich nur irgendein einzelner Mensch ist, oder vielleicht zwei oder drei, die sich durch das angegriffen fühlen, was man sagt, dann kann einem ja auch nichts Schlimmeres passieren als dass diese Leute einen für ein Arschloch halten. Und wenn man seinerseits diese Leute für jammervolle Mimöschen hält, dann kann man sich einfach gegenseitig aus dem Weg gehen und keiner hat irgendwas verloren.
Wenn tatsächlich eine größere Gruppe Menschen meint, man habe sich daneben benommen, dann hat man eventuell ein Problem, aber dann wird man immer noch von der Tatsache beschützt, dass man hierzulande in gewissen Grenzen frei heraus so viele geschmacklose Witze machen kann, wie man möchte. Und wenn man dafür auf die Fresse bekommt, war man nicht selber schuld und niemand fragt, was man getan hat, um das zu provozieren. Denkt mal drüber nach.
Allerdings, wenn mehr als zwei oder drei Leute meinen, dass man sich mit seiner Äußerung gerade daneben benommen hat, dann könnte man doch eventuell mal versuchen, die Perspektive dieser Leute einzunehmen und darüber nachdenken, wie man von außen betrachtet wirkt mit dem, was man gesagt hat.
Oft ist das, was man dann falsch gemacht hat, ja auch keine einfache Schwarz-Weiß-Sache. Innerhalb menschlicher Kommunikation ist es nun mal so, dass Dinge, die man sagt, unterschiedliche Bedeutungsnuancen bekommen, je nachdem, wer etwas wie wann wo und in welchem Zusammenhang sagt. Oft ist es auch sehr wichtig, wie man in Beziehung zu der Person steht, mit der man redet. Und oft versteht man ja auch nicht mal, dass etwas ein Problem sein könnte, bis es einem jemand erklärt, weil es eben außerhalb der eigenen Erfahrungswelt liegt.
Ein konkretes Beispiel:
Es gibt dieses Vorurteil, dass bisexuelle Menschen sich einfach nicht entscheiden können. Das führt zu weiteren Vorurteilen, die besagen, dass Bisexuelle öfter untreu seien usw. Als Außenstehender einen Witz darüber zu machen, ist also eher geschmacklos, weil es klingt, als würde man dieses Vorurteil weitertragen.
Wenn man dagegen aber als Bisexueller gefragt wird, ob man gerade lieber Schokoeis oder Vanilleeis hätte und darauf antwortet: „Du erwartet von mir mich für eines zu entscheiden? Ich nehme beides!“ dann ist das lustig, weil man ein Vorurteil nimmt, das gegen einen selbst existiert und es ins Lächerliche zieht. Der Kontext ist, was hier klar macht, dass man nicht ernsthaft selbst an dieses Vorurteil glaubt.
Dieser Kontext ist bei einem Außenstehenden weniger gegeben. Wenn ein Fremder denselben Witz bezogen auf eine ihm fremde Person machen würde, wäre sehr viel weniger klar, ob er das Vorurteil tatsächlich selbst glaubt oder nicht. Je deutlicher klar wird, dass sich hier über ein Vorurteil lustig gemacht wird und über Leute, die dieses Vorurteil haben, anstelle über die von dem Vorurteil betroffene Subgruppe, desto lustiger ist der Witz. Weil er dann nicht mehr auf Kosten von Leuten geht, die es ohnehin schon nicht leicht haben.
Das ist dasselbe Prinzip, nach dem ich mich selbst einen unverbesserlichen Besserwisser nennen darf und ich Freunde habe, die das auch dürften, aber wenn ein Fremder mich so nennen würde, dann fände ich das nicht mehr nett, weil ich schwer beurteilen kann, ob das nun als ernsthafte Beleidigung gemeint ist oder nicht.
Es ist also gar nicht so, dass man nie irgendwelche Witze über irgendeine Subgruppe machen darf, es ist halt einfach nur so, wenn man nicht gerade die Gefühle von Leuten verletzen möchte, deren Meinung einem eventuell doch wichtig ist, dann sollte man ein Gespür dafür entwickeln, wo die Grenzen des guten Geschmacks liegen und wem gegenüber man was sagen kann.
Und das ist aus meiner Sicht alles, was Political Correctness will. Wenn man einen Witz macht, sollte man sich einfach überlegen, auf wessen Kosten er geht, ob man wirklich die Gefühle der entsprechenden Leute verletzen will, und ob man ausreichend klar machen kann, auf wessen Kosten der Witz wirklich gehen soll. Also, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass man missverstanden wird, was den Witz halt einfach nicht mehr lustig machen würde.
Und wenn man einen Witz macht, der auf Kosten einer bestimmten Gruppe geht, dann sollte man sich nicht wundern, wenn Leute zu der Überzeugung gelangen, dass man diese Gruppe nicht mag. Ich habe z.B. kein Problem damit, Witze zu machen, die auf Kosten von Leuten mit dummen Vorurteilen gehen. Aber ich erwarte auch nicht, dass Leute mit dummen Vorurteilen mich dafür dann mögen und meine Witze voll okay finden.