Recherche in alten Zeiten

Meistens kann man sich ja gar nicht mehr so richtig vorstellen, wie das Leben früher ohne Internet war. Zumindest wenn man unter 30 ist. Wenn ich darüber nachdenke, wie Autoren und Lektoren damals gearbeitet haben müssen, komme ich immer nur zu einem Schluss: Scheiße, muss das kompliziert gewesen sein. Allein die Menge an Nachschlagewerken, die man im Regal stehen haben musste. Kein Wunder, dass die Lexikonverlage Wikipedia nicht mögen.

Nun lese ich seit einiger Zeit alte Dorian Hunter Exposés aus den 80igern und bekomme ganz neue Einblicke in das Leben und Arbeiten ohne Internet. Diese Exposés wurden noch auf der Schreibmaschine getippt. Und wo in neueren Expos, wenn es um Örtlichkeiten oder Ähnliches geht, einfach ein paar Links in den Fußnoten stehen, gibt es dort Literaturangaben. Oder Anmerkungen, die vermuten lassen, dass der Exposéautor Recherchematerial beigelegt hatte. Oder Sätze wie: „Da ich nicht weiß, ob der Autor das entsprechende Werk besitzt, hier die wichtigsten Daten.“ Und an einer Stelle sogar: „Mir ist der Name entfallen. Wenn der Autor weiß, was ich meine, soll er diesen Ort verwenden, ansonsten soll er sich einen ausdenken.“
Mein erster Impuls ist irgendwie immer wieder: „Warum googlet der das nicht einfa… Oh ja …“
Das zeigt einem erst, wie sehr das Internet Bestandteil des eigenen Lebens ist.

5 Gedanken zu „Recherche in alten Zeiten

  1. Ich habe zwar schon über 50 Jahre auf dem Buckel, insofern kenne ich Zeiten ohne Internet, ohne Handy und ohne Computer noch sehr gut.
    Da ich aber mit dem Schreiben (ich meine damit Stories und Romane) erst vor 6 Jahren begonnen habe, konnte ich mir schon mehrmals den Gedanken, wie haben die das bloß ohne Internet gemacht, nicht verkneifen. Recherche ohne Google, ohne I-Net, welch Graus.

    Mir fällt dazu das Nachwort des Autors Rafik Shami zu seinem Roman ‚Die dunkle Seite der Liebe‘ ein. Er hat über Jahrzehnte Material für den Roman gesammelt und ernorm viel recherchiert. Unter anderem hatte er Anfang der Neunzigerjahre einem Freund den Auftrag gegeben hatte, aus einem Archiv einer arabischen Zeitschrift die Jahrgänge der Fünfziger- und Sechzigerjahre zu kopieren, weil er Bilder aus dem Alltag brauchte. Das hat dann über 4 Jahre gedauert. Tja, da freut man sich doch über das Internet und die heutigen Möglichkeiten.

  2. Ich habe meine ersten Geschichten noch auf der Schreibmaschine getippt. Und mein Recherchematerial waren Karl-May-Bücher und Ronja Räubertochter… frag besser nicht. 😉

  3. Ich denke dabei an Casaubon in Das Foucaultsche Pendel, der eine Art Recherche-Detektiv ist. Wenn man über irgendetwas mehr wissen will, als eine normale Enzyklopädie preisgibt, kann man ihn beauftragen und er recherchiert in Bibliotheken danach. So ein Beruf hätte heute wohl keine Zukunft mehr.

    • Na ja … doch … Das Internet ist superhilfreich, wenn man einen groben Überblick braucht oder einfach nur so Infos wie „Wie heißt das Ding genau?“, „Wo liegt der Ort genau?“, „Wie sieht’s da ungefährt aus?“ usw. … Aber sobald man tiefergehende Informationen haben will, muss man auf jeden Fall in Bücher gucken. Ich besitze einen Haufen Bücher, die ich mir nur aus Recherchegründen gekauft habe. Was ich halt nicht besitze, sind relativ allgemeine Lexika und so Zeug.

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